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Rückwirkende Anerkennung ab Geburt

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02.12.11, 16:04:28

55555

Diese Informationen stimmen so nicht. Was oft nicht verstanden wird ist, daß die rückwirkende Feststellung vor allem auch daran hängt, daß man ein rechtliches Interesse beweist.
02.12.11, 17:12:32

schneeweiß

In der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 findet sich unter Pkt. 3.5 "Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend" folgender Text:

"Eine Behinderung liegt erst ab Beginn der Teilhabebeeinträchtigung vor."

Ich gehe davon aus, dass mit Inkrafttreten der Versorgungsmedizin-Verordnung die rückwirkende Anerkennung der Behinderung ab Geburt schwierig sein dürfte. Denn dann müsste man ja wohl nachweisen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Teilhabebeeinträchtigung vorlag.
02.12.11, 21:15:10

55555

In der Regel ist das bei Autismus aber nicht das Problem.
03.12.11, 10:41:33

schneeweiß

Wie meinst du das? Welche Teilhabebeeinträchtigungen kann man bei einem neugeborenen Autisten nachweisen?
03.12.11, 11:18:37

55555

Ich meine es so, daß das in der Praxis bei Autisten nach meiner Erfahrung zumindest bisher nicht das eigentliche Problem war.
03.12.11, 18:29:52

schneeweiß

Ich habe von einigen Eltern autistischer Kinder bereits andere Erfahrungen gehört, vor allem seit Inkrafttreten der neuen Versorgungsmedizin-Verordnung. Da wurde die Behinderung z. B. rückwirkend ab dem Tag anerkannt, an dem das erste Mal ein Psychiater konsultiert wurde.
03.12.11, 21:41:56

PvdL

Da es Autismus meines Wissens nur als genotypische Varietät gibt, sollte es selbstverständlich sein, daß eine Feststellung immer rückwirkend ab Zeugungsakt gelten muß. Alles andere wäre in sich widersprüchlich. Aus diesem Grunde wäre ich auch nie auf die Idee gekommen, daß etwas anderes der Fall sein könne. Daß mein SBA ab Antragsstellungsdatum gültig ist, schien mir bisher unverdächtig. Ich nahm an, dies sei so, weil Ausweise grundsätzlich nicht rückwirkend ausgestellt werden könnten. Gleichwohl bin ich aus dem genannten Grunde davon ausgegangen, daß dieses den Status nicht betreffe. Andererseits haben wir hier im Forum auch schon berichtet bekommen, daß zeitlich befristet ausgestellte SBAs für Behinderte ausgestellt werden, deren Behinderung definitiv nicht zeitlich befristet sein wird. "Glauben die etwa, daß [einem Beinamputierten] das Bein wieder nachwächst?" war einer der Kommentare, die den Widersinn recht anschaulich machen. Plausibel ist eine solche Praxis sicher nicht. Höchstwahrscheinlich handelt es sich auch wieder um eine strukturelle Sparmaßnahme.
04.12.11, 13:50:31

schneeweiß

Ja, PvdL, Sparmaßnahme trifft es wohl. Bei meinem Sohn wurde die Behinderung noch rückwirkend ab Geburt anerkannt. Dadurch konnten mein Mann und ich die mit der Behinderung in Zusammenhang stehenden Steuerfreibeträge rückwirkend seit dem Geburtsjahr unseres Sohnes geltend machen. Das brachte einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag vom Finanzamt ein, den wir nun in die Ausbildung unseres Sohnes investieren können.

Da die Autismusdiagnosen stetig zunehmen, hat der Gesetzgeber mit der neuen Versorgungsmedizin-Verordnung die rückwirkende Anerkennung ab Geburt erschwert.

Übrigens ist der SBA meines Sohnes auch befristet. Das hat aber wohl damit zu tun, dass eine Neubegutachtung im Erwachsenenalter erfolgen soll, in deren Ergebnis voraussichtlich die Merkzeichen wegfallen werden.
05.12.11, 00:56:50

drvaust

Ein SBA scheint oft prinzipiell erst befristet ausgestellt zu werden, bevor dann eine unbefristete Geltung kommt.
Zitat von schneeweiß:
in deren Ergebnis voraussichtlich die Merkzeichen wegfallen werden.
Nicht unbedingt. Ich habe als Erwachsener die Merkzeichen 'B', 'G' und 'H' (wollte ich nicht) bekommen. Das 'H' scheint aber oft nur für Kinder gewährt zu werden, da hat es kaum Auswirkungen.

05.12.11, 21:43:21

schneeweiß

Zitat von drvaust:
Das 'H' scheint aber oft nur für Kinder gewährt zu werden, da hat es kaum Auswirkungen.

In der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 steht unter 5. d) bb):
"Bei tief greifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen GdS von mindestens 50 bedingen, und bei anderen gleich schweren, im Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten ist regelhaft Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr anzunehmen."
Deshalb wird bei autistischen Kindern meist das "H" gewährt. Dass es keine Auswirkungen hat, würde ich jetzt nicht sagen. Neben der Freifahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln für das Kind bringt es für die Eltern erhebliche Steuererleichterungen.
Wenn mein Sohn wieder begutachtet wird, werden wir aber wohl keine Merkzeichen mehr beantragen.
06.12.11, 01:25:16

PvdL

Ich habe unlängst ein "Upgrade" von 50% auf 60% beantragt. Das wurde mir leider abschlägig beschieden. Ich werde mir wohl erst noch ADS attestieren lassen müssen. Das ist nur wieder eine langwierige Geschichte, bis ich bei der Charité einen Platz bekomme. Aber es wird mir nichts anderes übrig bleiben, fürchte ich.
06.12.11, 02:02:18

drvaust

Zitat von schneeweiß:
Dass es keine Auswirkungen hat, würde ich jetzt nicht sagen. Neben der Freifahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln für das Kind bringt es für die Eltern erhebliche Steuererleichterungen.
Meines Wissens wirkt sich das 'H' alleine nicht auf die Einkommens-Steuern aus, da geht es nur um den Grad, bzw. Schwerbehinderung. Für eine Freifahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln genügt das 'G' o.ä.. Bei Erwachsenen gibt es mit 'H' gleichzeitig eine Kfz-Steuer-Ermäßigung und die Freifahrt ist gebührenfrei.

 
 
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