Agentur für Arbeit über Autisten
01.06.11, 16:15:36
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Hallo allerseits,
nach meinen nicht gerade ermutigenden Erfahrungen in der Agentur für Arbeit (Stichwort "Reha-Abteilung") und im Jobcenter habe ich mich mit den allgemeinen Problemen autistischer Menschen, einen Arbeitsplatz zu bekommen und auch zu behalten, an die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg gewandt. Mich hat einfach interessiert, wie man an höchster Stelle darüber denkt und wie man die Problematik dort sieht. Die Antwort möchte ich hier jedermann zugänglich machen:
"...der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Herr Frank-J. Weise, dankt Ihnen für Ihre engagierte Mail und hat mich gebeten, Ihnen darauf zu antworten.
Zunächst möchte ich Sie um Verständnis dafür bitten, daß täglich eine Vielzahl von Menschen die Dienste der Agenturen für Arbeit in Anspruch nehmen. Darunter ist eine große Zahl von Menschen mit den unterschiedlichsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Daß diese Gruppe von Menschen in großes beurfliches Qualifikationspotential mit sich trägt, ist der Bundesagentur für Arbeit sehr wohl bewußt. Dies können Sie gerne in einem Grundsatzpapier nachlesen, das Sie auf diesem Weg finden: www.arbeitsagentur.de > Presse > Perspektive 2025.
Das Hilfsangebot für Menschen mit Asperger-Syndrom in der Bundesrepublik Deutschland steelt sich wie folgt dar:
Staatliche Einrichtungen: Agenturen für Arbeit > besondere Beratungseinrichtungen für
Menschen mit Behinderung [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] > Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben.
Integrationsämter: Sicherung von Arbeitsplätzen für
Menschen mit Behinderung [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff], Unterstützung von Integrationsprojekten.
Freie Träger: Freie Wohlfahrtspflege ( z.B. Caritas, Diakonie, AWO usw. ) Verbände ( z.B. VdK)
Private Initiativen: Netzwerke und Selbsthilfeeinrichtungen ( z.B. Aspis e.V.)
In diesem Rahmen bringen auch Menschen mit der Behinderungsart, von der Sie selbst betroffen sind, ihr Qualifikationspotential in das gesellschaftliche und berufliche Leben ein.
Ich wünsche Ihnen gesundheitlich und beruflich für Ihre Zukunft alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Welker
Service-Haus der BA, Kundenreaktionsmanagement
Tel. 0911 / 1793161
Fax.0911 / 1792123
mailto: Service-Haus.Kundenreaktionsmanagement@arbeitsagentur.de"
Also wird doch alles getan und es liegt nur an der mangelnden Eigeninitiative der Betroffenen?
01.06.11, 16:28:49
wolfskind
"fachleute" tragen dazu bei dass A viel leid erfahren egal was für ein träger-blabla das auch ist. Hilfsangebote ebenso.
was genau möchtest du damit jetzt sagen? ich würde mich niemals an eine der genannten einrichtungen oder integrationsämter wenden. die werden alle von "fachleuten" unterstützt.
Netzwerke machen da schon mehr sinn zwinker
01.06.11, 16:29:50
Friedrich1712
ich würds ja lieber mögen wenn er beeinträchtigung statt behinderung schreiben würde
02.06.11, 00:33:30
Hans
Wenn ich das so lese , also ich weiß nicht, für mich ist da auch nichts dabei, denke ich.
Ich verkaufe mich lieber als "schrulliger" Spezialist auf dem ersten Arbeitsmarkt
und bekomme den "normalen" Facharbeiterlohn.
Nach ein paar Jahren habe ich ein eigenes Büro und es rollt der Chef nur ein Wenig mit den Augen,
wenn ich alljährlich meine Teilnahme an der Betriebsweihnachtsfeier absage.
Vorgestern erst hat mir der Chef eine Packung guter "Bio"-Äpfel geschenkt,
um zu meiner gesunden Ernährung bei zu tragen.
Er hat mich auch, im Rahmen eines Geschäftsessens,
an Rindfleisch in Form eines Ochsenfiletsteaks herangeführt.
Seit ich bei dieser Firma bin, habe ich zugenommen.
;)
05.06.11, 14:52:59
55555
Also wird doch alles getan und es liegt nur an der mangelnden Eigeninitiative der Betroffenen?
War das ironisch gemeint?
07.06.11, 12:12:28
PvdL
geändert von: PvdL - 07.06.11, 22:30:00
Das Problem mit em Arbeitsamt ist, daß theoretisch alles irgendwie da ist; sobald es aber um die praktische Umsetzung geht, kommt alles ins Stocken.
1. Wer ist für mich zuständig? Sobald mehrere Abteilungen zuständig sind, wird nicht etwa kooperiert, sondern sich gegenseitig zu geschoben.
Als arbeitsuchender Akademiker mit Behindertenstatus gehöreich schon zu mindestens zwei Abteilungen: Akademiker und Reha. In der Abteilung Akademiker hat man offenbar beschlossen, mich der Abteilung Reha zu überlassen.
2. Wer ist berechtigt? Aufgrund von Mißbrauchsfällen in der Vergangenheit nur noch 80-jährige, einarmige Konfirmandinnen in begleitung ihrer Großeltern, sofern eine Rente noch nicht beantragt wurde.
3. Wie oft bekomme ich einen Vermittlungsvorschlag? Immer, wenn der Mond im Schatten der Erde verschwindet. Oder wie der Engländer sagt: Once in a blue moon.
07.06.11, 14:55:45
monica62
Als arbeitsuchender Akademiker mit Behindertenstatus gehöreich schon zu mindestens zwei Abteilungen: Akademiker und Reha. In der Abteilung Akademiker hat man offenbar beschlossen, mich der Abteilung Reha zu überlassen.
Eine Frage dazu:
Wenn ich eine Diagnose und Rentenanspruch habe. Bin ich verpflichtet mich als Autist zu outen, oder verwirke ich beim Verschweigen dieser Tatsache, mein Recht auf Arbeit und gegebenenfalls die Rente?
Bei genügend Kompensationsmöglichkeiten würde ich mich im ersten Stellenmarkt um eine Arbeitsstelle bemühen. Es gibt viele "schrullige Fachspezialisten", nicht jeder davon ist Autist.
07.06.11, 16:41:23
Autor
geändert von: Autor - 07.06.11, 17:21:15
[Zitat der 2. Ebene gelöscht, mfg [feder]]
War das ironisch gemeint?
Aber ja doch! Bei diesem Thema fällt es einem schwer, ernst zu bleiben (s. Beitrag von PvdL).
Autor
07.06.11, 16:48:08
55555
Wenn ich eine Diagnose und Rentenanspruch habe. Bin ich verpflichtet mich als Autist zu outen, oder verwirke ich beim Verschweigen dieser Tatsache, mein Recht auf Arbeit und gegebenenfalls die Rente?
Das ist natürlich eine Frage von so großer persönlicher Tragweite, daß man erstmal wohl darauf hinweisen muß, daß ein kompetenter Anwalt hierzu Rat geben wird (und für Falschauskünfte in gewissem Rahmen haftet).
So wie ich es einschätze hat eine Diagnose mit Rentenansprüchen nichts zu tun, denn die hat man ja z.B. durch Erwerbszeiten erlangt. Es würde mich auch sehr wundern, wenn man sich als Autist outen müßte, wenn man nur Altersrente beziehen möchte. Also würde ich in dem Punkt eher beruhigen. Soetwas wäre ja schon eine krasse aktive Diskriminierung.
@Autor: *puh*
07.06.11, 17:19:04
Autor
[quote="PvdL"]Als arbeitsuchender Akademiker mit Behindertenstatus gehöreich schon zu mindestens zwei Abteilungen: Akademiker und Reha. In der Abteilung Akademiker hat man offenbar beschlossen, mich der Abteilung Reha zu überlassen.
Eine Frage dazu:
Wenn ich eine Diagnose und Rentenanspruch habe. Bin ich verpflichtet mich als Autist zu outen, oder verwirke ich beim Verschweigen dieser Tatsache, mein Recht auf Arbeit und gegebenenfalls die Rente?
Dazu kann ich nur folgendes beitragen: bin selbst Akademiker und in der Reha-Abteilung gelandet. Allerdings ist für mich nicht die Arbeitsagentur, sondern der Rentenversicherungsträger maßgeblich, da ich dort einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben gestellt habe.
Verpflichtet ist man -soviel ich weiß- nicht (schon gar nicht im Bewerbungsschreiben). Es ist eine schwierige Abwägung, die individuell vorgenommen werden muß. Beides birgt Risiken. Sagst du es, kann es dich um deine Chancen bringen (mancher Arbeitgeber ist aber froh, wenn er die "Behindertenquote" erfüllen kann). Verschweigst du es und es kommt am Arbeitsplatz auf Grund deiner Besonderheit zu Schwierigkeiten, kann das die Kündigung und eine katastrophale Beurteilung in der Personalakte zur Folge haben(ist mir in der Probezeit passiert).
Es spielt auch eine Rolle, ob man den Arbeitgeber für Lohnzuschüsse z.B. vom Rentenversicherungsträger interessieren möchte.
Viele Aspies raten, im Verlauf des Bewerbungsgespräches zu entscheiden, ob und wie man es sagt ("Ich glaube nicht, daß es ein Problem ist, aber da ist etwas, was Sie wissen sollten..."). Das Berufliche Trainingszentrum (BTZ) bietet ein Strategietraining an, um angemessen auf Fallen und Fußangeln reagieren zu können.
Einen Behindertenausweis muss man nur gestehen, wenn es arbeitsrechtlich relevant ist (wenn jemand Epileptiker ist, darf er bestimmte Maschinen nicht bedienen).
Vielleicht kann Dir noch jemand anders Tipps zu Deiner speziellen Frage geben
Gruß
Autor
07.06.11, 17:25:23
Autor
Wenn ich das so lese , also ich weiß nicht, für mich ist da auch nichts dabei, denke ich.
Ich verkaufe mich lieber als "schrulliger" Spezialist auf dem ersten Arbeitsmarkt
und bekomme den "normalen" Facharbeiterlohn.
Nach ein paar Jahren habe ich ein eigenes Büro und es rollt der Chef nur ein Wenig mit den Augen,
wenn ich alljährlich meine Teilnahme an der Betriebsweihnachtsfeier absage.
Vorgestern erst hat mir der Chef eine Packung guter "Bio"-Äpfel geschenkt,
um zu meiner gesunden Ernährung bei zu tragen.
Er hat mich auch, im Rahmen eines Geschäftsessens,
an Rindfleisch in Form eines Ochsenfiletsteaks herangeführt.
Seit ich bei dieser Firma bin, habe ich zugenommen.
;)
Du Glücklicher! Halte Dir Deinen Chef unbedingt gewogen. Der Mann ist Gold wert.
Gruß
Autor
07.06.11, 17:33:17
drvaust
Wenn ich eine Diagnose und Rentenanspruch habe.
In der BRD ist es, so wie ich das kenne, üblich, daß Leute mit ALG2 (Harz4), wenn ein Rentenanspruch besteht, von der ARGE zur Rentenversicherung geschickt werden. Wenn die ARGE von einer Diagnose erfährt, prüft die, ob sie denjenigen in Rente abschieben kann.
Ich war längere Zeit arbeitsunfähig krank, bekam Unterhaltsgeld von AA (nicht ARGE), da haben die mich zu ihren Medizinern geschickt. Die haben Befunde angefordert und mir dann einen ausgefüllten Rentenantrag zum Unterschreiben vorgelegt.
Bin ich verpflichtet mich als Autist zu outen,
Wenn das für die Arbeitssuche wichtig ist, ja, sonst nicht. Also eine Frage der Abwägung.
verwirke ich beim Verschweigen dieser Tatsache, mein Recht auf Arbeit und gegebenenfalls die Rente?
Nein. Die Rechte auf Arbeit und Rente sind davon unabhängig (das Recht auf Arbeit ist praktisch kaum durchsetzbar).
Aber das Recht auf Leistungen (ALG usw.) kann wegen mangelnder Mitwirkung eingeschränkt werden.