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Pädiater kritisiert öffentlich die Methoden der Therapiemafia

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23.05.15, 12:51:11

55555

geändert von: 55555 - 23.05.15, 12:51:57

Zitat:
Laut einer Krankenkassenstatistik der AOK, auf die er sich beruft, müssen 44,6 Prozent der Jungen und 31,5 Prozent der Mädchen irgendwann bis zum Erreichen ihres 15. Lebensjahres mal zum Logopäden, zum Ergotherapeuten oder in die Krankengymnastik. Eine bayerische Statistik weist sogar nach, dass die Kohorte der völlig gesund geborenen Kinder etwa genauso häufig derartige Behandlungen verordnet bekommt wie eine Gruppe von Gleichaltrigen, die mit echtem körperlichem Handicap und/oder Geburtsrisiken zur Welt kamen. Sind wir das Volk der kranken Kinder? Zumindest sind wir das Volk der krankgeschriebenen Kinder, so das Fazit dieser Kritik.

Der engagierte Pädiater schreibt sich regelrecht in Rage über Kinder, die nur deshalb zu Kranken mutieren, weil vielleicht eine Kita-Erzieherin vorschnell im Kästchen über sprachliche Entwicklung ihr Kreuzchen an der falschen Stelle macht. Wie schlimm das endet, weiß sie schließlich von der Logopädin, die in ebenjener Kita vor kurzem über die Segnungen ihrer Therapien berichtet hat und mahnte, wie rasch sich alle möglichen Entwicklungs- und Behandlungszeitfenster schließen. Denn während Ärzte nicht für sich werben dürfen, können Krankengymnasten und andere Therapeuten ihre Dienste anpreisen, naturgemäß dort, wo sie ihre Klientel vermuten.

Wenn dann die Kita-Angestellte ihr niederschmetterndes Urteil den Eltern mitteilt und mit sorgenvollem Blick die düsteren Zukunftsaussichten für ein zurückgebliebenes Kleinkind schildert, dazu den Flyer der Praxis gleich hilfreich zu Hand hat, stehen die Eltern in Panik, und eventuell ausgerüstet mit einer Liste weiterer Mankos ihres Kindes - am nächsten Morgen bei Hauch in der Praxis mit der Bitte um ein Logopädie-Rezept. So wird gleichsam im Handumdrehen, das schildert der Kinderarzt in zahlreichen weiteren Beispielen, aus einem Kind, das sich lediglich in einer einzigen Funktion leicht abweichend von der Norm entwickelt, ein therapiebedürftiger Patient.

Wenn es überhaupt eine Abweichung ist. Denn, da spart Hauch nicht mit Kritik, über die Güte der Kriterien, mit denen die Kinder bewertet werden, macht sich die Gesellschaft viel zu wenig Gedanken. Zwar benutzen heutzutage Kita-Mitarbeiterinnen und Grundschullehrerinnen Begriffe wie auditive Sprachwahrnehmungsstörung, Dyskalkulie und ADHS mit großer Selbstverständlichkeit. Über deren Bedeutung und Tragweite sind sich indes die wenigsten im Klaren. Die meisten Tests, mit denen die Kinder inzwischen in Kitas traktiert werden, halten einer wissenschaftlichen Validierung nicht stand, noch dazu strickt sich so manche Einrichtung mitunter ohne ausreichende Sachkenntnis ihre eigenen Kriterien. Der offizielle Delfin-Sprachtest für Vorschulkinder zeigt, mit wie viel Dilettantismus man hier auf jeder Ebene rechnen muss: Seit 2007 wurde in Nordrhein-Westfalen das Sprachvermögen der Vierjährigen damit klassifiziert; aufgrund der Proteste von Wissenschaftlern, die bezweifelten, dass der Test überhaupt die Sprachfähigkeit messe, wurde dies 2013 eingestellt. Bundesweit gibt es 21 weitere Sprachtests, deren Eignung derzeit überprüft wird, die Ergebnisse dieser Test-Testung werden 2018 erwartet.

Quelle
 
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